Vienna Biennale 2015 Ideas for Change

Die Vienna Biennale 2015 findet von 11. Juni bis 4. Oktober 2015 statt. Sie ist die erste Biennale, die Kunst, Design und Architektur verbindet und darauf abzielt, mit kreativen Ideen und künstlerischen Projekten zur Verbesserung der Welt beizutragen. Ihre spartenübergreifende, interdisziplinäre Ausrichtung und ihre Verklammerung von Kunstanspruch und Kreativwirtschaft eröffnen neue Perspektiven zu zentralen Themen unserer Zeit und fördern damit einen positiven Wandel unserer Gesellschaft.

Die Vienna Biennale 2015 geht auf eine Initiative des MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst zurück. Sie wird vom MAK in Kooperation mit der Universität für angewandte Kunst Wien, der Kunsthalle Wien, dem Architekturzentrum Wien und dem Kreativzentrum der Wirtschaftsagentur Wien, departure, organisiert und vom AIT Austrian Institute of Technology als außeruniversitärem Forschungspartner unterstützt.


Digitale Medien

Die Vienna Biennale 2015 wurde in der Erkenntnis gegründet, dass wir in einer neuen Moderne leben, in der die Digitalisierung alle Lebensbereiche durchdringt und damit unsere Zivilisation in grundlegender Weise verändert – darin der Industrialisierung vergleichbar, mit deren Folgen die letzte westliche Moderne befasst war. Die heutige sogenannte Digitale Moderne schafft erhebliche Potenziale für nachhaltige Verbesserungen der Lebensqualität und innovative Lebensentwürfe sowie Geschäftsmodelle in allen Sektoren. Sie wirft für die Künste einschließlich Architektur und Design weitreichende Fragestellungen auf und ist ihrerseits auf künstlerische und gestalterische Inputs angewiesen.

Die Gründung einer neuen Biennale in Wien erfolgt im Bewusstsein, dass Wien in der Zeit um 1900 eines der Zentren der früheren westlichen Moderne war, von dem maßgebliche, zum Teil bis heute nachwirkende Impulse ausgingen. Wien gilt daher als authentischer, glaubwürdiger Ort für die Suche nach neuen Wegen für positiven Wandel. In Anknüpfung an diese herausragende Tradition des Experiments sucht die Vienna Biennale 2015 Antworten auf die großen Themen der Gegenwart und nützt die Potenziale der Kreativrevolution, um den Menschen neue Erkenntnisse für zentrale Lebensbereiche an die Hand zu geben. Die Vienna Biennale 2015 richtet sich somit nicht nur an Kunst-, Design- und Architekturinteressierte, sondern an ein breites Publikum, das mit den Möglichkeiten der freien und angewandten Kunst für die Herausforderungen unserer Zeit sensibilisiert werden soll.


Wien als Ort des Experiments

Die Vienna Biennale 2015: Ideas for Change hat vier internationale KuratorInnen zur Entwicklung von Projekten für 2015 eingeladen. Es werden neue wie auch bereits bestehende Werke präsentiert. Die Rückbindung der Biennale an Wien erfolgt durch einen Vienna Biennale Circle von in dieser Stadt lebenden eminenten Persönlichkeiten, der sicherstellt, dass sämtliche Projekte interdisziplinär durchleuchtet und verklammert werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden in einer zusätzlichen Ausstellung aufbereitet.

Die Vienna Biennale 2015 entspringt der Überzeugung, dass Wien der richtige Platz für die Entwicklung einer neuartigen, schlüssigen und unverwechselbaren Biennale ist. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch, der in einer Zeit radikalen Umbruchs vor allem eines braucht: Orientierung!


Einleitung zur Vienna Biennale 2015

Die allumfassende Digitalisierung verändert unseren Alltag so radikal, dass wir von einer neuen Moderne sprechen: Die Digitale Moderne hat weltweit enorme Potenziale, etwa im Bildungswesen, birgt aber aufgrund der totalen wirtschaftlichen Vermessung des Menschen auch große Risiken. Angesichts der Lernfähigkeit digitaler Maschinen ist überdies davon auszugehen, dass in den nächsten Jahrzehnten ein erheblicher Teil manueller und geistiger Arbeit (und damit Arbeitsplätze) durch Vollautomatisierung ersetzt wird.

Zu dieser Umwälzung unserer Gesellschaft tritt die Überbeanspruchung des Planeten Erde. Der Globale Norden muss den ökologischen Fußabdruck der Menschen massiv zurückfahren, während die Wachstumsambitionen im Globalen Süden auch angesichts der Bevölkerungsexplosion grundlegender Korrektur bedürfen. Die Menschheit muss daher sowohl für die reichen Industrieländer als auch für die Schwellen- und Entwicklungsländer ein völlig neues Verständnis von Wirtschaftswachstum und Wohlstand entwickeln, das zu einem allseits akzeptierten nachhaltigen Verteilungsschlüssel für die Inanspruchnahme der Erde führt.

Herausforderungen dieser Größenordnung verlangen einen radikalen Einstellungswandel der Menschen. Die wirksamsten Mechanismen, um ihn voranzutreiben, liefert die Digitale Moderne selbst. Wir müssen daher die digitale Revolution „umfunktionieren“ und stärker in den Dienst der nachhaltigen Sicherung menschlicher Würde und Sinnstiftung auf unserem Planeten stellen. Die Erarbeitung und Gestaltung der dafür notwendigen realen und virtuellen Konzepte und Werkzeuge ist maßgeblich auf menschliche Kreativität angewiesen. Daher sind die Kreativsparten Design, Architektur und Kunst besonders gefordert, neue Wege für einen positiven Wandel zu erarbeiten. Während von den angewandten Sparten Design und Architektur direkt umsetzbare Ideen erwartet werden, muss die freie bildende Kunst keinen unmittelbaren Nutzen erbringen, sondern kann andersartige Impulse setzen.

Da auch die Kreativsparten immer stärker im Sinne herkömmlichen Wachstums instrumentalisiert wurden, bedarf es zu ihrer Erneuerung einer Kreativitätsreform. Ansätze dafür sind bereits zu erkennen: In Design und Architektur wird positiver Wandel immer mehr zum Kernthema, und auch die bildende Kunst findet Wege, zur Verbesserung der Welt beizutragen, ohne deshalb gleich „angewandt“ zu werden. Eine nachhaltige Überwindung der ökonomischen Eigeninteressen und der Selbstbezogenheit der Sparten wird aber erst möglich, wenn sich Kunst, Design und Architektur zu einer neuartigen Einheit der Künste verbinden. Mit Einheit der Künste ist nicht nur die Gleichstellung der „niederen“ angewandten Künste Design und Architektur mit der „hohen“ bildenden Kunst gemeint, sondern vor allem auch ihr qualitativ gleichwertiges Zusammenwirken mit dem Ziel wechselseitiger Inspiration. Wir brauchen eine ganzheitlich ausgerichtete Einheit der Künste, die nicht zur Verschmelzung der Sparten führt, sondern durch innovative Strukturen und regen Dialog sicherstellt, dass Kunst, Design und Architektur einander achten, beachten und befruchten, um positiven Wandel voranzutreiben. Genau an diesem Punkt setzt die Vienna Biennale 2015 an. Sie fordert die Sparten zur Weiterentwicklung heraus, indem sie ein direktes Aufeinandertreffen von Kunst-, Design- und Architekturprojekten rund um das Thema Stadt und urbane Zukunft ermöglicht.  

Ausgangspunkt und verbindende Thematik der Projekte sind die Potenziale und Probleme von Städten, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus untersucht werden: Architektur und Design befassen sich mit sechs Megacitys auf fünf Kontinenten – Hongkong, Istanbul, Lagos, Mumbai, New York und Rio de Janeiro; Kunst mit Bukarest als spannendem Beispiel einer Stadt hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang; Design und Architektur mit der wiederholt zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürten österreichischen Metropole Wien; Kunst mit den Möglichkeiten einer sich vor allem im urbanen Kontext herausbildenden neuartigen Aufklärung sowie mit der Bedeutung des urbanen öffentlichen Raums. Obwohl die Projekte jeweils in einer bestimmten Disziplin verortet sind, öffnen sie sich anderen Sparten und setzen damit Dialoge in Gang, die im Rahmenprogramm vertieft werden. Ein interdisziplinäres Ausstellungsmanifest zur Zukunft menschlicher Arbeit und eine diese Thematik aufgreifende Kunstausstellung runden die Biennale ab.  

Die Vienna Biennale 2015 ermöglicht somit ein „Konzertieren“ kreativer Sparten für positiven Wandel. Sie will uns inspirieren, durch eigenes und gemeinsames Handeln die Welt besser, zukunftsfähiger zu gestalten. Sie will Kunst, Design und Architektur anspornen, dafür geeignete Konzepte und Werkzeuge bereitzustellen. Sie versteht sich als Auftakt für eine Vielzahl künftiger spartenübergreifender Projekte in Wien und anderswo, die unsere Welt mit den Möglichkeiten der Künste weiterentwickeln.